Daves eindrucksvolle Schilderung und gleichzeitig Bemängelung unseres modernen Kapitalismus zeigt deutlich die Schlechtigkeit und Mangelhaftigkeit eines solchen Systems. Neben einer sich immer mehr kommerzialsierenden Gesellschaft tritt als logische Konsequenz eine zunehmende Entfremdung des Mensch innerhalb dieses kapitalistischen Systems ein. Weihnachten ist nicht mehr das was es mal war. Zumindest treibt der Kapitalismus oder konkreter profitsüchtige Unternehmer sein oder ihr kommerzielles Schindluder mit dem doch ursprünglich "christlichen" Fest. Es geht nur noch darum, mehr zu besitzen als der Andere, besser zu sein als der Andere und das in jedweder Hinsicht. Prachtexemplarisch für dieses Problem sind unter Anderem Schüler an meiner Schule. Streiterein über die Frage, wer nun cooler, hübscher, besser aussehe, wer nun das besser I-Phone habe, gehen mir gehörig auf den Wims. Wer nicht immer im Besitze des auf dem Markt aktuellsten Produkts ist, ist nicht bloß materiell minderbemittelt, nein, er muss sogar einen Wertverlust als Person einbüßen, er ist gegenüber den Besitzenden minderwertig. Aus psychologischer Sicht kann dies schnell zu Minderwertigkeitsgefühlen des jeweilig Betroffenen führen. Ebenso werden durch Medien Modetrends etabliert, die sich kontinuerlich ändern, aber für einen bestimmten Zeitraum die angesagte Mode vorschreiben. Wer hier nicht im Trend ist, im Konkurrenzkampf um sein Äußeres verliert, oder sich gar nicht erst um ein trendorientiertes Äußeres zu bemühen scheint, ist schnell unten durch und wie eben beschrieben gegenüber Anderen, Modebewussten, den Gewinnern des Konkurrenzkampfes minderwertig.
Um es mit Kants Worten zu formulieren: der Mensch ist kein Selbstzweck, er ist nicht Zweck an sich, sondern bloß Mittel zum Zweck, er instumentalisiert sich und andere für diverse Zwecke, die freilich in unserer modernen Gesellschaft vorwiegend solch Kapitalistische sind wie: Macht, Prestige, Erfolg, Profit usw. Meistens im Streben, in schlimmeren Fällen im bewussten Wollen der Verwirklichung dieser kapitalistischen Werte, entfremdet sich der Mensch seiner Natur. Schuld an diesem üblen Umstand ist freilich nicht bloß das kapitalistische System an sich, sondern sind ebenfalls die Denkweisen oder vielmehr die Welt- und Menschenbilder die solch eine kapitalistische Geisteshaltung begünstigen. Hier ist das materialistische Menschenbild Marxs nicht unmaßgeblich. Er proklamiert ein Menschenbild, in dem er den Menschen in seinem Handeln und seinem Verhalten durch gesellschaftliche und physische Einflüsse und Gegebenheiten determiniert sieht. (dieses ist, sofern ich mich jetzt nicht täusche am Anfang seines Werks "Das Kapital" ausführlich dargelegt. Entscheidende Kernaussagen bleibt aber diese: der menschliche Wille ist nicht frei, sondern eindeutig kausal determiniert, er ist ebenso gefangen in der Naturgesetzlichkeit, wie alles andere Naturgeschehen. Dass dies eine implizite Legitimation des kapitalistischen Wertesystems und eine versteckte Rechtfertigung der Ausbeutung kapitalistischer Gesellschaftsschichten ist, ist eine äußerst wichtige Erkenntnis die man daraus ziehen kann. Auf der anderen Seite scheint diese Theorie sich in so manch einem blinden Freiheitsfetischist bestätigt zu sehen, der meint aufgrund seines sowohl innerlich wie äußerlich individuellen Erscheinungsbildes "frei" zu sein, de facto aber bloß Knecht selbiger oder ähnlicher Einflüsse ist. Hierbei sind die sogenannten "Existenzialisten" besonders erwähnenswert, die meinen, weil sie den gesellschaftlichen Konventionen abgeschworen haben, ihr Dasein in "absoluter" Freiheit fristen. Nun tritt aber das Paradoxe einer solchen Maßnahme ein, indem die vermeintliche Individualisierung in der neu entstandenen Gesellschaftsbewegung - oder Gruppe ebenfalls zu einer Konformisierung führt und die ins Absolute verklärte Freiheit oder Individualität doch in Konformität verendet. Ohne jetzt eine philosophische Beweisführung der menschlichen Willensfreiheit durchführen zu wollen, ist es dennoch von größter Bedeutung sich des Zusammenhangs einer solchen Ideologie oder Philosopheme wie die der Marxschen und der impliziten Rechtfertigung aller kapitalistischen Verbrechen bewusst zu werden. Denn, um es kurz zu fassen: Schuld oder Strafe setzt notwendigerweise einen freien Willen voraus. Wer nicht frei handeln kann, wer dem Menschen also seine Willensfreiheit, wie Marx unter Anderem, in Abrede stellt, der zertrümmert die notwendige Voraussetzung dafür, diese Großkapitalisten (wie im Übrigen alle Kriminellen dieser Welt) in ihre Schranken zu weise, sie für ihre üblen Taten zur Rechenschaft ziehen zu können. Wie Dave schon richtig gesagt hat, ist der Kapitalismus zur Zeit unser aller alternativloses Verhängnis. Zur Besserung der systemimmanenten Probleme führt allerdings nicht bloß das Grübeln über ein potenziell alternatives Gesellschaftssystem, sondern vielmehr das Grübeln um Lösungen der konkreten Probleme innerhalb dieses kapitalistischen Systems. Ferner wäre eine intensivere Aufklärung, eine effektivere Bildung (die auch größtenteils daraufhin ausgerichtete ist, die Menschen zu Marionetten des Kapitalismus zu machen) von großem "Nutzen" (hier nicht kapitalistisch gemeint). Je mehr Menschen die Probleme des Kapitalismus durchschauen, umso mehr können bewusst oder verantwortungsbewusst den Tücken des Kapitalismus entgegenwirken.
Okay meine Lieben, jetzt habe ich ne Menge wichtiger Dinge geschrieben. Ich hoffe nun im Gegenzug, dass sich der ein oder andere auch aufrafft, sich damit auseinanderzusetzen. Es geht nicht darum schöne Texte zu lesen, sondern darum, die komplexen Gedankengänge aus eigener Einsicht zu verstehen. Sapere Aude - habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen - so lautet der Wahlspruch unseres allseits geliebten Immanuel Kants. :-) (und haltet mich ja nicht für bescheuert, ich meins Ernst ;-P)
PS: hier sind schon furchtbar viele gute Ansätze für einen themenorientierten Jugendtreff, den Dave und ich ja vorhaben einzuführen. Also ich habe Spaß :-)